Das war der erste Tag der "Woche": Abi Wallenstein & Blues Culture feat. Michael van Merwyk sowie anschließend Mungo Jerry haben für einen perfekten Auftakt gesorgt! Vielen
Dank an unser tolles Publikum und alle Beteiligten auf und hinter der Bühne! Kontrastierende Richtungen & Darbietungen, höchste Qualität auf verschiedenen Ebenen - bei absolutem
Premium-te-Kaat-Sound!
Gaelle Buswel
Die große, schlanke, blonde und agile Singer/Songwriter-Gitarristin tobt auf die Bühne und lächelt ins Auditorium, als sei sie noch nie im Leben auch nur für eine Sekunde von jemandem geärgert
worden. Die swingt in sich, ein Glücksradiator: Schon beim Soundcheck hatte es bei der Technik-Crew Laola-Wellen und Tanz-Ekstase gegeben, nun steigt sie samt Band in „Dream Set Me Free“ ein, und
man ist nach drei Takten aufmerksam, adrenalisiert, behält die Melodie im Kopf, ebenso wie beim leicht Aerosmith-Riff-behafteten „Freedom Tonight“.
Das herrlich Country-lastige „Wonderland“ beginnt Madame Buswel auf der Akustischen fast wie „Proud Mary“ – der Ohrwurm wird veredelt durch ein feines Slide-Gitarrensolo von Michaal Benjelloun,
einer sympathischen Mischung des frühen Grateful Dead-Heads Jerry Garcia mit der Chlodwig-Poth-Comic-Figur aus „Mein progressiver Alltag“, der sich wie Gaelle selbst blind auf die Rhythm Section
aus Xavier Zolli (b) und Steve Belmonte verlassen kann. Für „Black Delta Dirt“, einen Countryblues, wird das Tempo zurückgenommen, Gaelle und Michaal harmonieren zweistimmig,
Gänsehautfeeling.
Die Buswel sucht nicht etwa den Kontakt zum Publikum. Sie hat ihn! Kommt ganz nach vorn auf die Rampe, schaut in die Runde; du wirst als Mann auch auf 50 Meter Entfernung rot. „25 Hours“ vom
nagelneuen NEW DAY’S WAITING wird per kontrolliertem Feedback eingeführt und bestätigt das Rezept, bestens abgehangene Riffs für maximalen Effekt aufzupimpen. Ihre Inszenierungen sind über jeden
Verdacht eines Vintage-Gitarren-Werbeblocks erhaben – großes Kino: Bei „Selfish Game“ etwa kommt Michaal mit einer roten Alvin-Lee Gibson ES-335 nach vorne, für ein zart-erotisches Solo. Gaelle
hält sich derweil hinten mit ihrer weißen Fender Telecaster bereit. Nach Ende des Solos treten Buswel & Zolli wie die alten ZZ Top-Hüte nach vorn, geil! Immer wieder locken
Stadion-Mitsing-Chorchancen, die nie gestelzt verlangt, aber dafür mit diebischer Freude registriert werden.
Kontraste: Um Gaelles liebestrunkenes „Makers Of Love“ an der akustischen Gitarre die optimale Wirkung zu verleihen, wechselt Michaal zur Mandoline, Zolli zupft eine niedliche Bass-Ukulele, Steve
wechselt zu Snare & Shaker. Aber genug der Romantik, nun gibt es kein Halten mehr: „Mean Green Shadow“ hat einen Touch-Hendrix-Trower, „So Blue“ liegt gefährlich nahe an „Brown Sugar“. Nach
„I Don’t Need Nobody“ fällt beim folkigen Encore „Soldiers Of Love“ solider Regen, aber da haben Gaelle Buswel und ihre Jungs bereits zweitausend neue Freunde gewonnen. So liebenswert,
hochmelodisch und vertraut, als seien Gaelle Buswell und Boys seit Jahren unsere Lieblingsband.
Y‘akoto
Der Sequencer lässt kindliche Schulhofstimmen erklingen, darauf wird ein schwerer, leicht angefunkter Beat gelegt: Y’akoto beginnt mit „Take Me Back“ vom neuen Album MERMAID BLUES. Für das
perkussiv anmachende „Moving“ vom Erstling BABYBLUES gesellt sie sich kräftig verhallt zum Konservenchor. Schnell wird klar: Die hochprofessionelle Musikerin, Komponistin und Tänzerin versucht
den Spagat – zwischen einer perfekt abgespulten Show und dem Preisgeben persönlicher und biografischer Details: „Ich wollte nie etwas anderes, als Songs für die Menschen zu schreiben, die mich
bewegen“, so kündigt sie „Reception“ an, singt mit melodramatischer, stets pulsierender Stimme – an ihre Heldin Sade angelehnt und „mit dem Tremolo von Duffy“, wie Teamkollege John ergänzt.
„Es gibt keinen Grund, verhalten zu sein“, kommentiert die zwischen Pastell und knallig gelb gewandete Diva das abwartende Publikum, führt ihr hervorragend ausgeschlafenes, ganz unverschämt
soulig groovendes Quartett (g, kb, b. dr) in ein 6/8 Blues-Pattern: „Come, come come“, haucht sie lasziv und scheut sich auch nicht, abseits des Dramas ekstatisch und ausgelassen zu tanzen.
„Liebe zu Euch!“ – „Talk To Me“ richtet sich mit einem extrem flehenden Chorus an alle Männer, die nicht reden: „Mein letzter Freund hat so wenig geredet – ich merkte nicht, dass er auf Männer
stand“, Drehbuch oder Bio? Egal, die Musik ist klasse. „Gütersloh, do you like Soul?“ We love it. Freuen uns über das Kompliment, dass wir so wild sind, und genießen zum Soul ein Feuerwerk im
Hintergrund.
Dann der Zwischenfall: Y‘akoto hört plaudernde Gütersloher: „Ich hab‘ Euch hier in meinem Monitor – kommt hoch, wenn Ihr Gütersloh was zu sagen habt!“ Gleich darauf das Kompliment, dass Kleine
Künste wichtig sind, um den Kopf oben zu behalten, und ein wunderschöner Akustiksong „We Walk The Line“. Bald inszeniert sich die wirklich hervorragende Soul-Interpretin als Amy Winehouse für
Teenager: Die 29-jährige ghanaisch-germanische Tochter eines Musikers und einer Politologin fragt sich für „Who I Am“, effektvoll nur von akustischer Gitarre begleitet „Wo komm‘ ich her? Aus der
Gosse! 10 Jahre Bühne, 3 Alben, danke, dass Ihr gekommen seid.“.
Bei „Fool Me Once“ aus dem Kinofilm WILLKOMMEN BEI DEN HARTMANNS kommt von Y’akoto die Anweisung „Licht aus auf der Bühne!“, worauf Frank Stiller sie tiefrot eintaucht und Laserbändchen sowie
Handylichter wunderbar zur Geltung kommen. Als sie für „Diamonds“ die Parole ausgibt „Dann muss man sagen ‚Scheiß drauf‘, jetzt wird gefeiert“, scheint unser Auditorium mit dem Wechselbad von
sanft zu saftig überfordert. Party-Time gelingt dann aber hervorragend beim Calypso-getränkten „Bambi“, und ebenso ausgelassen geht es für „Comme Ci Comme Ca“ mit einem Discobeat weiter, der in
härteren Rock mündet.
Hat sie zur Zugabe wirklich gesagt „Ich bin schockiert – das muss ich meiner Mama erzählen“? Es lohnt sich nochmal: „Maggie“ mit exquisitem Acoustic-Picking ist „für alle schwarzen Frauen, die
für ihre Kunst nicht anerkannt werden“. Den akustischen Walzer „Sunday“ widmet Y’akoto dem Familientag, an dem man nicht alleine sein mag – im Publikum wird mitgesungen. Dann der wirklich
ekstatische „Abriss“ mit dem federleicht afrikanisch treibenden, „Without You“. Y’akoto kann viel, erreicht viel, aber sie will auch viel. Was kann daran falsch sein? Unvergesslich ist sie
allemal.
Uli Twelker für die Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz