Von melodiös bis wild – ein Abend der Kontraste
„Die Woche“ – Tag zwei: ein Abend voller Kontraste. Schon um 19 Uhr war der Platz rappelvoll. Wie immer: Festivalstimmung und Vorfreude beim Publikum. Das war ein Dienstag voller Gegensätze. Mit ihrer Band brachte Kristin Shey zum Auftakt eine sensationelle Stimme, mitreißende Melodien und einen Groove auf die Bühne. Gütersloh ging sofort mit. Was für ein großartiger Start! Als die Jewish Monkeys dann im Anschluss die Bühne stürmten, gab es kein Halten mehr – ihr wilder Cocktail aus Punk, Ska, Afrobeats und Balkan-Pop zündete sofort. Bänke und Tische standen eigentlich nur im Weg, der Platz vor der Bühne wurde zur Tanzfläche, zum Spielplatz purer Lebenslust. Ein Abend, der sich zum Schluss anfühlte wie ein Freitagabend als Höhepunkt – roh, intensiv, unvergesslich.
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Kristin Shey – Was für eine Stimme!
Kristin Shey hat richtig abgeliefert. Eine Stimme, die sofort packt. Kein Schnickschnack, sondern Power und Emotion. Und das Ganze in einem Mix aus Blues, Soul und Jazz – mal rau, mal samtweich und melodiös. Los ging es an diesem Abend mit einem Gänsehautstück: „God’s Gonna Cut You Down“ – a cappella. Kein Instrument, nur ihre Stimme. Wahnsinn. Es war sofort klar: Die kann singen! So ein Start setzte die Messlatte hoch. Danach ging es Schlag auf Schlag. Mal solo, ganz intim mit Gitarre, mal mit der kompletten siebenköpfigen Band – Bläser inklusive. Das brachte ungebremste Energie. Kristin wechselte locker zwischen ruhigen Songs wie „Dead Dance“ oder „Father of Song“ und souligen Balladen wie „High Rides“. Und zwischendurch überzeugte sie mit Songs auf Deutsch. Und ja, auch das klingt richtig gut. Nicht gekünstelt, sondern echt. Eine überraschende Seite der Bielefelder Singer-Songwriterin.
Was auffällt: Diese Frau lebt ihre Songs. Man spürt die Leidenschaft, die Emotionen in jedem Ton, in jeder Zeile. Ihre Texte erzählen Geschichten, charmant und originell. Schade, dass keine Zugabe mehr drin war – die Zeit drängte. Aber der Auftritt war ein Volltreffer. Ein starker Auftakt in den Dienstagabend auf dem sehr gut besuchten Dreiecksplatz. Ein warmer, wohliger Spätsommerabend, der perfekt zu der Musik passte. Kristin Shey hat gezeigt: Sie kann alles. Und das mit einer Leichtigkeit, die beeindruckt. Ein Auftritt, der hängen bleibt. Wer die Chance hat, Kristin Shey live zu sehen, sollte sie nutzen. Pure Emotion, geballte Stimmkraft und Songs, die unter die Haut gehen.
Jewish Monkeys – Woody Allen trifft Post-Punk
Es wurde wild – und das vor allem im zweiten Teil des Abends. Direkt nach Kristin Shey präsentierte die angesagteste Band Israels ein musikalisches Kontrastprogramm der Extraklasse. Bemerkenswert: Das war der einzige Auftritt der Jewish Monkeys in Deutschland in diesem Jahr – ein echtes Highlight also. Max Oestersötebier kündigte die Band mit den Worten an: „Hier gibt’s musikalisch richtig was auf die Fresse.“ Und er sollte Recht behalten. Der Dreiecksplatz hat selten so einen energiegeladenen Auftritt erlebt. Ein Abend, der in Gütersloh lange nachhallen wird. Der Dreiecksplatz stand keinen Moment still.
Die Jewish Monkeys, ein Hybrid aus deutschen und polnischen Juden, lieferten mit ihrer Mischung aus Klezmer-Punk, Ska, afrikanischen Beats und Balkan-Pop eine explosive Sound-Kombination ab. Übrigens: Der Bandname sorgt für Gesprächsstoff – ein Begriff, der in einigen arabischen Ländern als anti-jüdisches Schimpfwort verwendet wird. Die Bandmitglieder nehmen das mit einer gehörigen Portion Ironie: „Juden dürfen sich aber selbst so nennen“, so Bandleader Jossi Reich. Und genau diese ironische Haltung zog sich durch ihren starken Auftritt.
Musikalisch und textlich sind die Jewish Monkeys echte Meister der Satire. Ihre Texte sind nicht immer jugendfrei, aber immer scharfzüngig und pointiert. Im Mittelpunkt stehen larmoyante, leidende Männer – eine geniale Persiflage auf männliche Neurosen. Man könnte sagen: Woody Allen trifft Post-Punk. Ein Beispiel dafür ist der Song „Alter Kaker“, der das Publikum unter anderem mit bissigem Humor begeisterte. Brillant!
Die Band spielt virtuos mit ethnisch-religiösen Tabus und liefert satirische Befreiungsschläge, die an die Lust am Absurden der Marx Brothers erinnern. Ihre Show ist virtuos, voller Spielfreude und Comedy-Elementen – ein echtes Gesamtkunstwerk.
Noch mehr davon?
Was für ein gelungener musikalischer Kontrast zwischen Kristin Shey und den Jewish Monkeys. Die „Programmierer“ der Woche haben bislang ein sicheres Händchen für großartige Auftritte bewiesen. Das macht Lust auf mehr. Die Jubiläumswoche geht weiter. Und wie …
Markus Corsmeyer, Journalist und Herausgeber des Stadtmagazins gt!nfo.