WdkK'19 - Der Mittwoch:

Lässige R&B-Cajun-Party trifft auf Adrenalin-getriebenes Soul-Feuerwerk!
Zwei britische Formationen aus dem West Country, die sich amerikanischen Roots-Vorbildern verschrieben haben: Der Louisiana-affine Stones-Bruder holt zwischen Rhythm & Blues und Cajun/Zydeco-Folk das Mississippi-Delta zu uns – Hannah Williams und ihre traumhaft eingespielten Affirmationen bringen Memphis-Soul über Bristol auf‘s 3-Eck: mit Bestnote!

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Chris Jagger & Band

Akustikgitarre und Harmonika im Anschlag, singt Jagger in „Law Against It“ darüber, was man nicht alles verbieten muss. Doch, das klingt schon nach den Rolling Stones, wenn auch mit New Orleans Cajun-Einschlag. Dafür sorgt Mackrell an der Fiddle. Grand Dame des Folk.

Mit Retro-Tapetenmuster-Shirt und sandfarbenen Jeans gibt sich Chris Jagger bodenständig, für’s visuelle Abenteuer sorgt Ex-Kursaal-Flyers-Bassist David Hatfield, als „The Gnaughty Gnome“ bekannt – gleicht er doch mit wallendem Silberhaar klar Albus Dumbledore aus dem Harry-Potter-Universum, wobei der nie schulterfrei auftrat.

Die Rhythmen des Quintetts lassen mitwippen, dank Drummer Paul Atkinson, Pubrock-Veteran von „Bees Make Honey“ und Anker der Truppe. Die agiert so locker, als befände sie sich auf einer Veranda-Party in Biloxi Mississippi statt vor 3000 Fans. Jaggers Texte sind amüsant wie engagiert: „It’s Amazing“ wundert sich, was die Leute so wegwerfen: Autos & Plastik; im Mülleimer kriegst du mit Vinylscherben raus, ob man Beatles- oder Stones-Fan war.

Der „Libido Blues“ hat die Botschaft „Too much loving can kill a man“ und profitiert von Keith-Richards-Gitarrenlicks des jungen Jesse Budd, der auch für Specials-Legende Neville Staples spielt. Nach J.J. Cales mit rasendem Bo-Diddley-Beat wippendem „Cajun Moon“ nimmt die Louisiana-Party Fahrt auf:

Elliott Mackrell tanzt fiedelnd den Don-Kershaw-Walzer über einen Grünen Daumen, der die anwesende WDR-Crew wohl an TV-Gärtner Rüdiger Ramme denken lässt. Danach kreolischer Cajun satt. Zum Ausrasten: „Allons Jouette“! Chris betont beim Abschied, wie sehr seine komplett in Somerset ansässige Gang sich verbunden fühlt – die Lockerheit des Delta kommt jedenfalls rüber!

 

Hannah Williams & The Affirmations
Mutig, mit langsamem Blues zu beginnen, aber bei dieser Formation sitzt gleich jede Nuance, Hannah Williams‘ Stimme ein glasklares Powerhouse, gestützt von Victoria Klewin und Namensschwester Hannah Nicholson zu einem Kirchenchor, der 3-Stimmiges mindestens 4-stimmig klingen lässt.

In den Jubel hinein in „Good Man“: Amtlicher Funk, Bassist Adam Newton und Drummer Jai Widdowson-Jones loggen sich siedend-siamesisch ein. Das E-Piano James Grahams ließe Ray Charles anerkennend nicken – Adam Holgates Gitarren-Sustain ergießt sich wie Lava. Dazu setzen Posaunist Liam Treasure und Baritone-Saxer Tom Taylor ausgeschlafene Akzente.

Nahtlos zieht das Tempo an: „The Only Way Out“ legt der Maschinenraum so, dass keine Steigerung möglich scheint, aber die Cracks haben ihre Dynamik in der Regieanweisung! Es folgt ein Touch von Voodoo: Hannah erzählt zu Jais Drum-Gewitter, um dann mit Hannah II und Victoria in den Flow zu finden und flugs acappella abzuliefern, als sei dies ihr Haupt-Metier!

Auf ein freches Gitarren-Intro freut sich das Duo Klewin/Nocholson diebisch: mit den ersten Tönen der als Soulqueen vom 3-Eck angebeteten Haupt-Hannah entpuppt sich Led Zeppelins „Dazed And Confused“: gesungen, gesprochen – gekreischt, gepredigt!  Eat your heart out, Robert Plant – die Affirmations liefern runderneuert, mit Newtons Basslauf als rollendem Monster.

Das von Jay Z gesampelte „Late Nights“: Stell dir vor, du hast Liebeskummer und keinen interessiert’s. Zu Spiritual-Feeling sinniert Williams über den Status der Geliebten, des „part time lover“. Auf den folgenden Up-Tempo-Anschlag mit Bläserattacke legt Graham das vielleicht beste Hammond-Solo der Woche, auch Liam an der Posaune spiegelt reine Lebenslust der wie eine Einheit abfeiernden Band. Hannah Williams gibt alles – wandelt sich in bequem wallendem Kleid mit Botanik-Thema („War das etwa Haschisch?“) von der Diva zum frechen Kind aus „Ich Unverbesserlich“ und zurück. Danach: Soul-Stomp-Ekstase sowie zwei Zugaben zum Niederknien. Hier möchte man ein Jahr Roadie sein, um alle Arrangement-Facetten in die eigene DNA zu bringen!

 

Uli Twelker  für die Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz