WdkK'23 - Der Dienstag:

Gefühlvolle Geniestreiche: Gypsy-Swing & Jazz-Wirbelwind

 

Erneut eine glückliche Kopplung: Die virtuos rhythmische, dabei Drummer-freie Akustik-Darbietung der singenden und textenden Bonner Franco-Amerikanerin Marion mit ihrem Trio sowie einem Stargast aus der weltberühmtesten Jazzgitarren-Dynastie trifft auf den wohl beliebtesten, vielseitigsten und Welten-bummelndsten Schlagzeuger der Nation, der seine Mitstreiterfreunde nicht nur in den Vordergrund hebt, sondern ihnen auch mal das gesamte Rampenlicht überlässt. Ein zauberhafter Abend zum Fußwippen. Zum Staunen, Genießen – Überraschen-lassen, Lauschen auf Ohrenhöhe ohne Vorkenntnisse.

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Marion & Sobo Band ft. Lulo Reinhard – Chanson-Charme-Offensive mit Gypsy Swing

 

Marion Lenfant-Preuss darf sich mit dem Gitarristen Alexander Sobocinski, Geiger Frank Brempel und Contrabassist Stefan Berger ohnehin über eine einfühlsame Band freuen. Heute mit Lulo Reinhardt, dem 61-jährigen Großneffen Djangos, der selber schon als 12-Jähriger mit Schnuckenack Reinhardt spielte.

 

„Mon Dieu, sind die leise“, hieß es für die erste klanglich perfekte Charme-Offensive: Marions französische Lyrics zu „Le Tigre de Django“, der in Pariser Cafés sein Unwesen trieb – an der Gitarre! Zum witzigen Text gesellt sich halsbrecherischer Scat-Gesang, Lulo gibt den gefährlichen Gitarren-Tiger. Den „Danse Norvegienne“ singt die kleine, betörende Bonnerin englisch: Großonkel Django arrangierte Edvard Griegs Melodie für langsamen Swing. “Ederlezi“ beginnt düster, Contrabass mit Geigenbogen, Gitarren verzieren – ehe es in eine laszive Rumba übergeht: Marion singt Romaness!

 

“Magdalena“ komponierte Lulo über die Auswanderung seiner Vorfahren von Indien nach Persion, vokal und pickend unisono, hypnotisch rhythmisiert. Die Zeitreise wird durch “Gypsy meets India“ und “Gypsy meets Persia“ komplettiert. Dazu Fröhliches von Marion à la “Dark Eyes“, das Django einst mit Stephane Grappelli musizierte. Zu “Mo Better Blues“ heißt es „Wir jammen ein bisschen“: weitere Gitarren-Duelle mit Violine und Double-Bass garniert. Mit dem Swing “Joseph Joseph“ klingt eine zauberhafte Darbietung aus, von der Marion seufzt: „Wir würden es wieder tun!“ Wir auch.

 

 

Hans-Hermann Strandt: „Bin ich der Schaffner, kommt der Haffner!“

 

Das dem scheidenden Chef in den Mund gelegte „Zitat“ ist eine Erfolgsgeschichte! Fünf Mal Transworld-Trommler Wolfgang Haffner: eine beeindruckende Zahl, welcher der Chronist nur 2 x Georgie Fame und 3x Miller Anderson entgegensetzt. Dabei beweist der weltrasende Rhythmiker stets Teamverliebtheit, ob mit Max Mutzke, Nils Landgren, Peter Fessler oder Barbara Dennerlein.

 

Diesmal tritt der 3-Ecks-Haffner samt „Friends“ auf - wer je seine Dream Band erlebte, freute sich. Der Dream-Drummer präsentiert ein Trio mit Bassgenie Thomas Stieger, dem Premium-Keyboarder seiner Generation, Simon Oslender – sowie den vor Einfühlsamkeit vibrierenden Vibraphonisten Christopher Dell.

 

Zur Eröffnung räumt Haffner in “Drums Ahead“ mit der Marotte überbordender Drum-Soli auf! Lässt er mit Filz-Schlägeln aus einem Groove-Teppich einen Vulkan entstehen, nimmt das keine Vinylseite ein, sondern passt auf Tik-Tok: grandios, auch für Nicht-Afficionados genussvoll nachvollziehbar. Für “New Life“ legt er einen facettenreichen 6/4-Teppich, auf dem Pianist Oslender mit zarten Fender-Rhodes-Tönen zeigt, dass Fußstapfen eines Brian Auger nur der Anfang sind – schon landet man im Swing. 

 

Zum Latin-Fest “Hippie“ gesellt sich die junge Münchnerin Alma Naidu hinzu – gesanglich in Klassik, Musical und Jazz zu Hause, präsentiert sie sich in aller Scat-Herrlichkeit, während Dell sein zartes Instrument mit Inbrunst geradezu attackiert – alles zum Tom-lastigen Groove Haffners, der dennoch keine begnadete Snare & Beckenarbeit schuldig bleibt. Die charmante Alma wagt sich an das Erbe Chet Bakers: legt “Funny Valentyne“ zart wie Chet an, um über dramatische Ausflüge zurück zum Träumen zu finden. Kontrast: “Star“ kommt als Laut-Leise-Potpourri mit 1000 Breaks, die Friends folgen sich in ihren Verspieltheiten intuitiv. Naidu lädt die 3-Ecks-Menge zum Rhythmus-Klatschen ein: “Feel Like Making Love“, von Dell geführt, enthält souveräne Melodiebögen von Oslender – Haffner selbst lässt härterer Gangart immer wieder Sanftheit folgen.

 

Als Dankeschön holt der Drummer seinen Gütersloher Impresario Hans-Hermann Strandt auf die Bühne, trägt “Tubes“ aus ROUND SILENCE vor – berührend am kleinen Klangrohr-Arsenal. Zu weiteren Höhepunkten zählt Alma Naidus „nur“ mit Simon Oslender erträumtes “And So It Goes“ von Billy Joel – vieles andere wurde vom Meister selbst komponiert!

 

Es ist so einiges passiert, seit Haffner 1997 für Miller Anderson ins Studio ging. Und dass man Spaß hat auf der Bühne, sagen viele. Wer Haffner & Friends auf dem 3-Eck erlebt, der hört und sieht – die haben Spaß. Und der ist verdammt ansteckend!

Uli Twelker für die Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz